Myanmar 2017

Momente 1

lange Fahrt

Freies Stehen ist ein Problem. Diese Kippbewegungen des Zuges machen den Besuch des WCs zur Expedition. Dort tropft es aus der Beleuchtung etwa an die Stelle, wo der Fussboden das wichtige Loch hat, dafür ist der Wasserhahn ausser Betrieb. Wasserlachen. Ich bin etwas in Sorge, dass man sich nur am Türgriff der Aussentür festhalten kann, die als einiger Fluchtweg nach aussen vermutlich nicht verriegelt sein darf

Sicherheit

Ein Sicherheitsgefühl vermitteln die Bahnübergänge und Weichen. Dort steht eine Person, die unseren Schnellzug mit einer meist vormals grünen Flagge vorbeiwinkt. Andernfalls und vor Dörfern hupt der Lokomotivführer. In einigen nicht näher bezeichneten Dörfern bremst er ab, oft bis zum Stillstand. Dann stürzen sich Händler vor das Fenster mit Bier, Samosas und verkaufen ihre überteuerten Produkte.
Ohne Ankündigung beschleunigt der Zug.

Schicksalsgemeinschaft für 16 Stunden

Unsere Schicksalsgemeinschaft könnte Stoff geben für einen Roman. Eine französisch sprechende Walliserin, ein geschwätziger Australier, ein Amerikaner in einer dubiosen Hotel-Test-Mission, ein alleinreisender Deutschschweizer. Zufällig eingepfercht für 16 lange Stunden.Dem einen fehlt das Essen, dem andern Bier, dem dritten Antibrumm, alle finden bei dem Schwanken und Ruckeln den Schlaf nicht und fürchten den Gang aufs Klo.

longyi – htamein

Die Baumwollfäden sind wirklich hauchdünn gesponnen. Tscho Tscho behauptet, alles für den Laden auf der andern Strassenseite werde hier gefertigt. Wenn man aber die Stoffberge betrachtet, so kommen bei mir rationalem Betrachter Zweifel. Auch arbeiten die Handwerker vor allem zu Zeiten, wenn die Touristenbusse vorfahren.

longyi – htamein

Die praktische Universalbekleidung wird hier produziert. Ein Baumwollschlauch, farbig für die Frauen, eher smogfarbig karriert für die Männer. Billig, kleidsam. Mit dem Longhi kann man Autofahren, Strassen bauen, Notdurft verrichten, schlafen, chillen, heiraten – in allen Lebenssituationen also gut angezogen.
Der Unterschied zwischen «longyi – htamein» ist mir nie recht klar geworden. Eben so wenig wie die Aussprache. Aber das Spiel der Farben ist betörend.

Schönheit

Die Schönheit muss einen hohen Stellenwert einnehmen. Wozu sonst die vielen Beauty-Salons in diesem staubigen, nüchternen Quartier. Ein Foreigner würde sich sicher nie in diese Schuppen wagen.

longyi – htamein

Im Bild sind vermutlich alle Varianten zu sehen.

Betel

Die Betelkauerei ist dem Mönch Ralf aus Ulm ein echter Dorn im Auge. Schon sehr jungen Leuten sind die Zähne rot-schwarz abgefressen. Den Betel-Kauern sieht man an, wenn der Betel-Kloss ausgelaugt ist. Die Backen schwellen. Die Spukerei ist bewundernswürdig. Ein satter Strahl des Motorradfahrers schiesst in einem drei Meterbogen präzis an dir vorbei. Ich wurde in der ganzen Zeit nie getroffen, auch andere Passanten nicht.

Feinmechanische Werkstätte

Die touristische Öffnung ist ungerecht. Er arbeitet lang und hart unmittelbar neben der «gold leave manufaktur». Diese ist in den Reiseführern erwähnt: Ecke 35/78 Street. Jetzt fahren die Busse um 10 Uhr und 14 Uhr vor und speien Chinesen und Europaer mit teuerster Fotoausrüstung aus. Er aber wird keines Blickes gewürdigt.